
Daniel Migliosi
Der Trompeter Daniel Migliosi ist der dritte Stipendiat der Grizzly Jazz Foundation. Migliosi wurde 2004 in Esch-sur-Alzette (Luxemburg) geboren, er studiert an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bei Prof. Andy Haderer und Matthias Bergmann. Seit 2023 ist der Trompeter Mitglied im Bundesjazzorchester (Bujazzo), ein Projekt des Deutschen Musikrates. Im Mai 2024 erschien sein Album „On The Edge“ mit einer international besetzten Band: aus New York Kaisa Mäensivu am Bass und Kai Craig am Schlagzeug, aus London Sean Payne am Saxophon und aus Köln Benedikt Göb am Klavier. Begleitet wird die Veröffentlichung von einer Release-Tour in Städten wie Luxemburg, Brüssel, London, Köln, Berlin und Paris.
(c) Denis Hill
(c) Sven Becker
Zwischen Hard Bop und Ebertplatzblues –
Daniel Migliosi spielt, was er lebt
Offen, dynamisch und neugierig – so lässt sich Daniel Migliosi beschreiben. Der 20-jährige Trompeter folgt konsequent seiner künstlerischen Vision – mit klarer Haltung, technischer Virtuosität, einem feinen Gespür für Ausdruck und charismatischer Bühnenpräsenz. Spätestens mit seinem zweiten Album On the Edge wird deutlich: Migliosi spielt nicht nur – er erzählt Geschichten in Tönen. Seit Mai 2024 ist er Stipendiat der Grizzly Jazz Foundation.
Daniel Migliosi ist frisch aus New York City nach Köln zurückgekehrt. Er habe Freunde besucht, die ihn in die einschlägigen Jazz-Clubs mitgenommen hätten, erzählt er. „Das war unglaublich inspirierend. Meine Trompete hatte ich natürlich dabei und konnte auch in einigen Jam Sessions mitspielen.“ Dem 20-jährigen ist anzusehen: genau das ist sein Ding.
Tatsächlich wurde Daniels Interesse für Musik bereits als Kind geweckt und gefördert. 2004 in der luxemburgischen Kleinstadt Esch-sur-Alzette geboren, boten ihm sowohl seine Familie, als auch das weitere soziale Umfeld etliche musikalische Möglichkeiten. „Mein Vater spielte Trompete und Tuba im städtischen Orchester. Zuerst wollte ich Schlagzeuger werden, aber dann habe ich mit acht Jahren doch mit der Trompete begonnen und bin dabei geblieben.“
Von der Musikschule verlief der Weg für den jungen Trompeter über den Musikverein, das städtische Orchester und gymnasiale Schulkonzerte bis zum Konservatorium nach Esch-sur-Alzette. „Mit 14 Jahren bin ich nach der Schule jeden Tag dorthin gefahren und habe klassische Trompete studiert.“ Mit verschiedenen Orchester-Erfahrungen, wie dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg (OPL) und der Luxembourg Military Big Band sowie Preisen bei den „Concours Jeunes Solistes“ wurde die Musikerlaufbahn immer greifbarer.
Noch während Daniel Migliosi am Konservatorium studiert und das Gymnasium besucht, lernt er über einen Bläser-Workshop Andy Haderer kennen. Der ist Professor für Jazztrompete in Köln an der „Hochschule für Musik und Tanz“ und Lead-Trompeter der WDR Bigband. „Mit 15 Jahren durfte ich bei ihm eine Probestunde machen, daraus ist dann 2019 ein Jungstudium an der Kölner Hochschule entstanden.“ Bis zum Abitur ein Jahr später pendelt der Gymnasiast und Jungstudent zwischen seinem Heimatort und Köln.
Inzwischen hat Daniel Migliosi seinen Wohnort komplett nach Köln verlegt und studiert Jazztrompete im Vollstudium. Seit 2021 ist er einer der jungen Musiker des „WDR Composers Fellowship“ und arbeitet regelmäßig mit der WDR Big Band zusammen. In Köln fühle er sich wohl, erzählt er, denn die Stadt habe viele Möglichkeiten und eine gewisse Hässlichkeit an manchen Orten gehöre einfach dazu. So sei der Song „Ebertplatzblues“ entstanden, der die Atmosphäre des frühmorgens verlassenen Platzes in Töne übersetzt.
Der „Ebertplatzblues“ ist einer von neun Songs – sechs davon hat Migliosi selbst geschrieben – von seinem ersten Album „left on scene“, das 2022 unter dem Label Mons Records in Köln aufgenommen wurde. Die Band besteht aus Kölner Freunden, die als Quintett in der Besetzung Schlagzeug, Saxophon, Kontrabass, Klavier und Trompete als Band auftreten. Mit dem Album tourt die Band und gewinnt den „New Generation JazzLab Prize“ in St. Moritz. Guter, traditioneller Jazz sei das, erzählt der Band-Leader. Bei einem Konzert in der Kettenfabrik St. Arnual in Saarbrücken im Februar 2024 heißt es in der Ankündigung: „Das ist Jazz vom Feinsten, swingend und schwungvoll, wunderbare Arrangements werden mit aussagekräftigen Soli gewürzt, die Tradition des Hard Bop wird gefeiert und mit neuen Elementen behutsam modernisiert.“
Zwei Jahre später, im Mai 2024, stellt Daniel Migliosi sein zweites Album „On The Edge“ mit eigenen Stücken vor, dieses Mal wird alles ohne Label selbst produziert. Für die Release-Tour spielt die Band Konzerte unter anderem in Paris, London, Berlin und auf Festivals in Frankreich. Kritiker lobten bereits sein Debütalbum als eindrucksvollen Beleg für sein musikalisches Können – mit dem zweiten Werk hebt Migliosi die vitalen, modernen Elemente des Jazz auf ein neues, zeitloses Niveau. Inspiration holt er sich aus der Ära des Hard Bop der 1950er Jahre, von Größen wie Miles Davis und Clifford Brown und nicht zuletzt von seinen aktuellen Lehrern Andy Haderer und Matthias Bergmann. Auch mehr oder weniger versteckte Pop-Elemente finden sich in den Kompositionen und machen den Zugang zur Musik für junge Zuhörer einfacher.
Währenddessen bleiben die Orchester-Erfahrungen wichtig für Daniel Migliosis musikalische Entwicklung. Seit 2022 ist er Mitglied im „Orchestre National de Jazz France“ und im „JugendJazzOrchester NRW“. Ab 2023 spielt er für zwei Jahre im Bundesjazzorchester „Bujazzo“. „Das war nochmal eine neue Erfahrung, denn man spielt auf großen Bühnen und in einem professionellen Umfeld.“ Und nicht zuletzt können Förderer dort auf Talente aufmerksam werden. So findet die Grizzly Jazz Foundation den besonders begabten Jazz-Nachwuchs im Bundesjazzorchester. Nach Alma Naidu und Kateryna Kravchenko ist Daniel Migliosi der dritte Stipendiat und seit Mai 2024 im zweijährigen Förderprogramm der Stiftung.
Neben der ideellen Unterstützung, wie der Vermittlung von beruflichen Kontakten, die die Stiftung anbietet, können die Stipendiaten die Fördersumme von insgesamt 20.000 Euro in praktische Dinge, die für das berufliche Fortkommen wichtig sind, investieren. „Ich habe zum Beispiel Künstler-Fotos von einem professionellen Fotografen machen lassen. So etwas braucht man immer wieder. Ich konnte mir auch ein richtig gutes Mikro leisten und es ist super, wenn man sich mal ein professionelles Studio mieten kann. Für die Band habe ich außerdem Fahrtkosten übernommen, wenn wir zu Konzerten gefahren sind. Das ist wichtig, damit wir viele gute Auftritte machen können.“
Mittlerweile ist Daniel in der Glenn Miller Big Band fester Ersatzmann. Außerdem schreibt er an seinem dritten Album, dessen Release für 2026 geplant ist. Im Rahmen seines Studiums plant er ein Erasmus-Auslandsjahr – die Bewerbung für Paris ist bereits abgeschickt. Ob es ihn letztlich nach Paris, Amsterdam oder vielleicht sogar nach New York zieht: Daniel Migliosi blickt voller Neugier und Zuversicht auf das, was vor ihm liegt. Und man darf gespannt sein, wohin ihn seine musikalische Reise noch führen wird.
Gudrun von Schoenebeck, im Mai 2025